Mitten in der Corona-Krise hat der Lufthansa-Konzern eine neue Airline mit dem Namen «Eurowings Discover» gegründet. Was am kommenden Samstag (24.7.) mit einem schon ausgebuchten Erstflug nach Kenia und Sansibar beginnt, soll bereits im Sommer 2022 ein mittelgroßer Ferienflieger mit 21 Flugzeugen an den Drehkreuzen Frankfurt und München sein. 600 Crewmitglieder seien bereits an Bord, berichtet Airline-Chef und Erstflug-Pilot Wolfgang Raebiger. Rund die doppelte Zahl soll noch folgen, um den etablierten Ferienfliegern wie Condor und Tuifly Konkurrenz zu machen.
Bislang hat die Lufthansa das touristische Geschäft insbesondere an ihren Drehkreuzen meist anderen überlassen. Zu knapp waren die Start- und Landefenster, zu wichtig die Zulieferflüge für die großen Interkontinental-Maschinen mit den vielen Geschäftsreisenden. Corona hat das Umdenken im Konzern beschleunigt. Zwar waren Grundzüge des neuen Angebots schon vor der Pandemie geplant, doch Lufthansa-Chef Carsten Spohr ist nun noch überzeugter, dass das Geschäft mit den Touristen schneller wächst als die klassische Geschäftsfliegerei.
«Wir wollen die Einmalflieger begeistern», ist dann auch das Credo Raebigers. Die neue Gesellschaft mit dem Flugplan-Kürzel «4Y» erreicht aus dem Stand die Größe der Tuifly. Neben den elf geplanten Langstreckenfliegern vom Typ A330 sind bis Sommer 2022 jeweils fünf Mittelstreckenjets A320 für Frankfurt und München vorgesehen. Sie werden Ziele in Europa und Nordafrika anfliegen, die vor der Krise der Lufthansa nicht lukrativ genug waren: Griechische und spanische Inseln, Ägypten oder die Türkei. Die Langstrecken gehen zunächst nach Afrika, in die Karibik und in die USA.
Die mit drei Buchungsklassen neu eingerichteten Airbus-Flugzeuge stammen aus dem in der Pandemie gut gefüllten Fuhrpark des Konzerns. Das Personal soll ebenfalls weitgehend innerhalb des Konzerns rekrutiert werden – aber zu deutlich günstigeren Konditionen, als dies im Rahmen der Tarifverträge für die Lufthansa-Kerngesellschaft oder die bereits bestehende Eurowings möglich wäre. Bei Lufthansa stehen im kommenden Frühjahr betriebsbedingte Kündigungen an, während die Eurowings Discover voraussichtlich ab April ihre Stellen auch extern ausschreiben will.
Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit hat das einst unter dem Arbeitstitel «Ocean» gestartete neue Geschäftsmodell von Anbeginn bekämpft und sogar zum indirekten Gegenstand von Tarifverhandlungen gemacht, ist damit aber gescheitert. Inzwischen lautet das gewerkschaftliche Ziel, für die neue Tochter bald einen eigenen Tarifvertrag abzuschließen. Bislang, so eine Sprecherin, liege das Gehaltsniveau rund 25 Prozent unter dem der Direktflugschwester Eurowings.
Die Ferienfliegerei unterscheidet sich grundsätzlich vom Liniengeschäft, denn ein großer Teil der Plätze wird von Reiseveranstaltern wie Tui, Alltours oder DER gebucht. Dies galt bislang als Domäne der Condor, die nach der Pleite des Mutterkonzerns Thomas Cook von einem privaten Finanzinvestor übernommen worden ist und gut 50 Flugzeuge betreibt. Lufthansas Versuch aus dem vergangenen Jahr, die Zubringerflüge für die Condor zu kündigen, ist vorläufig vom Bundeskartellamt gestoppt worden. Wie die EU-Kommission halten die Bonner Beamten einen Missbrauch der Marktmacht durch die Lufthansa für möglich. Die Eurowings Discover muss sich also zunächst ohne diese Unterstützung der Mutter am Markt bewähren.
Mit Eurowings Discover und der Edelweiss aus der Schweiz intensiviert der Lufthansa-Konzern wieder sein bislang arg auf Südafrika konzentriertes Afrika-Geschäft. Dem Kranich kommt zugute, dass viele afrikanische Airlines stark angeschlagen aus der Corona-Krise kommen. Von Mauritius bis Namibia ergeben sich so neue Möglichkeiten, so dass der neue Ferienflieger einen überproportionalen Fokus auf diese Destinationen legt. «Die großen nationalen Carrier stehen am Boden, das eröffnet neue Marktmöglichkeiten», sagt Lufthansas Regionalmanager André Schulz.
Im ostafrikanischen Tansania gehören der Kilimandscharo-Airport sowie auch die Insel Sansibar zu den Flugzielen der neuen Lufthansa-Tochter. Zum Auftakt wird Kenias Küstenort Mombasa angesteuert. Das Beispiel der Lufthansa machte Schule – auch KLM will nun folgen.